Sinterklaas? – Das ist doch holländisch und heißt Nikolaus!?
Hilfreiche Geister – die Traditionsbewahrer
Die Alten …
Der Mensch, der als Sint-Nicolaas gefeiert wird, wurde vermutlich um das Jahr 280 n. Chr. in Myra (Kleinasien) geboren, dort später zum Bischof geweiht und man sagt ihm viele Wunder und Wohltaten nach. So kennen ihn die Menschen
als Wohltäter armer Kinder,
als Schutzpatron der Seefahrer angesehen,
als Beschützer aller Kinder,
als Förderer heiratsfähiger junger Leute (Goedheiligman = goed huwelijk
= für eine gute Eheschließung – vermutet man),
als Schutzpatron der Fahrleute, Reisenden und Kaufleute,
als Schutzpatron der Feuerwehrleute…
und man rühmt ihn heutztage in etwa 30 Sprachen und Sprachvarianten. Die mehr als 40 Kurzformen und Kosenformen seines Namens lesen Sie bitte bei Wikipedia.
Wir sagen mal einfach, dass es hilfreiche Geister waren, die die Gebeine des Bischofs aus dem byzantinischen Reich entführten, als der Islam in der Region Fuß fasste.
Niemand kann sagen, ob es reine Heiligenverehrung war oder kommerzielles Interesse, das diese Leute antrieb. Reliquien waren ein Wirtschaftsfaktor, weil sie Pilgerströme anzogen. Andererseits könnte es sein, dass sich die Spur der Gebeine in der Geschichte verloren hätte, wären damals nicht diese Leute gewesen …
Zwar wurden die Gebeine nach Bari in Italien überführt, dieses gehörte aber eine Zeit lang dem König von Spanien. Deshalb ist nicht von der Hand zu weisen, aber auch nicht ganz eindeutig erklärbar, weshalb im Jahr 1850 im bekannten Buch des Lehrer und Kinderbuchautors Jan Schenkman (schauen Sie noch mal auf Seite 2 nach), Spanien zum Wohnort des Sinterklaas wurde.
Wir möchten Sie bitten, den Heiligen selbst zu er-lesen unter https://nl.wikipedia.org/wiki/Nicolaas_van_Myra
oder in deutscher Sprache unter https://de.wikipedia.org/wiki/Nikolaus_von_Myra
Er ist so vielseitig bedeutsam, dass es den Rahmen dieses Beitrags sprengen würde.
Tatsache ist, dass Martin Luther und der protestantische Glauben das katholische Fest des heiligen Nikolaus abschaffen wollten – das aber wegen der großen Beliebtheit des wohltätigen Mannes nicht erreichten. Die Spenden und Wohltaten, die man im Namen des Heiligen zu allen Zeiten den Armen zukommen ließ, lassen sich schon in Aufzeichnungen beispielsweise aus Utrecht aus dem 13. Jahrhundert belegen.
Auch die Grabräuber, Geschichtsschreiber, Maler, Archivare und Kanzleischreiber sind somit unwissentlich zu hilfreichen Geistern der Tradition um den heiligen Mann geworden.
Die Immerwährenden …
Jeder Vater, jede Mutter, alle Onkel, Tanten, Großeltern, Lehrerinnen und Lehrer, jeder, der in all den Jahrhunderten mitgefeiert hat, gehört natürlich ebenfalls zu den hilfreichen Geistern. Sie alle haben die Tradition gelebt, verändert, erhalten, angepasst, weiter gegeben, bereichert, mit Liedern, Gedichten, Bildern, Gebäck und Ritualen geformt und zu dem gemacht, was es heute ist.
Der ehrwürdige Bischof wird übrigens von ihnen allen nur in Niederländisch angesprochen. Aber natürlich ist er den Herzen der Kinder und allen hilfreichen Geistern so nahe ist, dass das eine oder andere Gedicht oder Lied zu seinen Ehren im jeweiligen regionalen Dialekt verfasst wurde und mit Liebe aufgesagt oder gesungen wird. Für diese Information danken wir Prof. Dr. Leonie Cornips, die in ihrer Kolumne Taalcultuur im Dagblad de Limburger (DDL) vom 08.12.2012 darüber berichtete. Sie hat uns übrigens im Beitrag zu Limburgs Dialecten schon wichtige Einsichten vermittelt .
Die modernen Augenzwinkernden …
Aus dem Jahr 2002 stammt wohl eine besondere Idee. Wir fanden den Hinweis bei Wikipedia und konnte es zunächst nicht glauben: eine Norm zum Feiern des Nikolausfestes!!
Normalerweise normiert man in Deutschland nach DIN (Deutsche Industrie Norm) und Din A4 als Maß für Schreibpapier ist uns allen ein Begriff.
In den Niederlanden ist es das Nederlandse Normalisatie-instituut (Niederländisches Institut für Normen) in Delft, das tätig wird, wenn neue Produkte oder Vorgänge (heute wohl hauptsächlich in EU-Normen) vereinheitlicht werden sollen/müssen.
NEN 0512, dazu brauchen wir hoofdpiet oder regelpiet wirklich nicht zu bemühen, heißt die in 2002 neu geschaffene Norm der Normenkommission 400 512 Viering Hoogtijddaagen (Feiern bedeutender Feste) in Zusammenarbeit mit der Unterkommission 400 51201 Sint & Piet die alle gesellschaftlich bedeutenden Gruppen zusammenbrachte für diese große Aufgabe.
Unter https://nl.wikipedia.org/wiki/NEN_0512 können Sie das Ergebnis, die neue Normvorschrift NEN 0512 Leidraad voor de viering van het Sint-Nicolaasfeest (Leitfaden zu Feiern des Sankt-Nikolaus-Festes) in der Revision Dezember 2013 downloaden.
Wir haben die Parodie auf ein Normenverfahren mit viel Freude gelesen und sind besonders von all den detaillierten Informationen beeindruckt. Von der Häufigkeit des Zähneputzens (Punkt 3, S. 5) bei Süßgenuss bis hin zu unauffälligem Bart-Zurechtrücken in Anwesenheit unter-7-Jähriger (Punkt 12-Handlungsvorschriften bei Glaubwürdigkeitsproblemen, S. 22) ist alles bedacht und der Leitfaden fürs Nachlernen durch nicht- niederländische Neulinge bestens geeignet.
Hallo liebes Hemelse-Modder-Team,
es ist eine Freude, die Berichte über Sintaklaas und seine Pieten zu lesen.
Bitte mehr davon. 😉
LG Rosel