Limburger! Käse?
So ein Käse
Der Rotschmier-Weichkäse aus dem ehemaligen Herzogtum Limburg wurde in seiner ursprünglichen Form seit dem 15. Jhdt. in Klöstern hergestellt und ist offensichtlich bis heute auf Erfolgskurs.
Er ist charakteristisch und doch sehr vielseitig. Es gibt ihn in verschiedenen Fettstufen – im Bild sieht man 9%, es gibt ihn aber auch bis 60% in der Trockenmasse. Dazu kommen verschiedene Reifegrade. 5-6 Wochen sind normal, der piquant extra, reift mindestens 2 Monate. Zunächst bewahrt er seine Haltung und Form, ist mild und glänzt in mattem weiß. Später wird er cremefarbiger, pikanter, umtriebig und wird, sagen wir mal, etwas „entgegenkommender“. Er riecht – je nach Bakterienstamm und Käsekeller – gut, erträglich oder eben nach Rommedoe. Unter diesem stolzen Namen kennen ihn die Kenner in seiner Heimat.
Was aber auch wieder nicht so ganz stimmt denn eigentlich haben wir es mit vielen Mitgliedern der Familie des Limburger Weichkäse zu tun und die tragen natürlich nicht alle den gleichen Namen. Limburg ist stolz drauf, dass alle 5 km ein anderer Dialekt (L1 Radio-Jingle) zu hören ist und das macht sich auch im Käsenamen bemerkbar:
Schon in der Vergangenheit hieß der traditionelle Käse regional Herve-Kaas. In unserer Zeit wurde daraus eine geschützte Herkunfts-Bezeichnung für den Käse aus der Region Herve in der heutigen belgischen Provinz Limburg.
Er wird auch wegen seines intensiven Geruchs gern und stolz stinkkaas genannt. Rommedoe heißt er in Maastricht und Umgebung was im dortigen Dialekt eine Zusammensetzung war aus roum( = Rahm) und doux (frz. = mild). Andernorts nannte man ihn Remoudou. Auch Romadur ist zu finden und könnte vom französischen remoudre (= nochmals melken) stammen. Und weil die holländisch-flämischen Gebiete in der Vergangenheit unter spanischer Herrschaft standen, liegt auch die Vermutung nicht so völlig fern, dass der spanische Käse Ramdon namensgebend gewesen sein könnte.
So sieht er aus, der Fromage d’Herve …
Foto: Marianne Casamance, Fromage de Herve, CC BY-SA 3.0, 19.05.15
Wir bedauern an dieser Stelle, dass die Wunderbare Welt des Wissens (www) dazu keine Geruchsdatenbank zur Verfügung stellt. Wir wären b e e i n d r u c k t !!!
Offenbar hing alles, also Geruch, Geschmack und Aussehen davon ab, dass in den Mergelhöhlen der Käsereien ein Kleinklima herrschte, welches das Wachstum der jeweiligen geschmacksbildenden Bakterienkulturen förderte.
Alle Infos bis hierher finden sich übrigens unter den Stichworten der Käsenamen bei Wikipedia D und NL.
Jetzt lassen wir uns bei Slowfood.nl unter dem Stichwort Rommedo“ weiter beraten. https://www.slowfood.nl/index.php?page=146 (Anm. d. Red. 16.10.20: Unterseite nur noch via web.archive.org zu erreichen) Dort heißt es:
Ein Bericht der Präfektur Ourthe (1800-1814) beschreibt die Herstellung des Rommedoe: „Der Käse wird in Herve und Umgebung hergestellt und Angelos oder Remoudou genannt. Es scheint der beste Käse Europas zu sein. Für seine Herstellung wird nämlich keine entrahmte Milch verwendet sondern die, die beim Nachmelken gewonnen wird, also nachdem zuvor normal gemolken wurde.“
Früher gehörte Rommedoe zusammen mit Limburgischem Roggenbrot und Fruchtsirup zu den traditionellen Delikatessen. In Limburgischen Gasthäusern reichte man ihn als Dessertkäse.
Rommedoe ist Limburger Käse, ein Stinkkäse, ein Produkt, das stark nach Buttersäure riecht (C3H7COOH) oder – in der niederländischen Alltagssprache – nach Schweißfüßen.Um 1970 wurde in Süd-Limburg der Letzte Rommedoe hergestellt. Der arbeitsintensive Prozess von Waschen und Wenden , das Aufkommen des preiswerten und industriell gefertigten Herve-Käse aus Belgien (im Gebiet um Lüttich) und der Zwang des niederländischen Warengesetzes, die Käserei mit Fliesen auszustatten, entmutigte die Käsemacher, weil dies das Mikroklima in den Mergelkellern zerstört, in denen die Rotschmiere-Bakterien gedeihen.
Zu Beginn der 90er Jahre lebte das Interesse an regionalem „stinkkieske“ doch wieder auf. Seit 1998 versuchten zwei Milchbauern, die Herstellung wiederzubeleben. Auch sie haben nach einigen Jahren wieder aufgegeben.
Die belgische Variante führt im Gegensatz zur niederländischen eine geschützte Herkunftsbezeichnung. (…)
Das Stinken des Käses entsteht, weil der Käse mit einer Rindenflora behandelt wird, beispielsweise dem Bakterium linens, und eindeutig nicht durch das Buttersäurebakterium, das in Sporenform vorkommt und dem Käse einen völlig anderen Geschmack gibt.Gründe für das Verschwinden sind hohe und teure hygienische Anforderungen sowie die Geschmacksempfindungen des modernen Menschen.
Unser Dank an slowfood.nl für diese Details.
Stolz sind die Limburger auf ihren Käse, nur sagt man eben zumeist nicht Limburger dazu. Traurigerweise ist er so, wie ihn die Kenner kennen, rar geworden in seiner Heimat.
In Deutschland kennen wir „Limburger“ und „Romadur“. Im Jahr 1830 begann im Allgäu ein gewisser Carl Hirnbein – jetzt wieder laut Wikipedia – mit der Herstellung von „Limburger Käse“.
Carl Hirnbein war offenbar ein umtriebiger Kaufmann, der im Allgäu seinen Lebensunterhalt mit dem Handel mit landwirtschaftlichen Produkten verdiente und selbst Käse herstellen wollte. Warum er auf die Idee kam, sich an der Herstellung von Limburger Käserezepturen zu versuchen, konnte ich nicht feststellen. Er suchte offenbar nach einem Weichkäse, weil er dessen Herstellung für einfacher hielt, als beispielsweise die von Emmentaler, an der er sich versucht hatte. Auf längere Sicht war er offenbar doch mit beiden Käsesorten erfolgreich und trug damit zur Verbreitung des Limburgers bei. https://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Hirnbein
Das war echt interessant und ich habe viel gelernt….waehrend ich mein Sauerteigbrot, dass ich mit 60g Limburger Kaese gespickt habe, futterte. Hat prima geschmeckt, vielleicht weil es eigentlich Treberbrot war? So mit Bier und „spent grain“ vom Bier brauen. Wir sind „home brewers in Seattle und mein Deutsch ist eingerostet. 😉 Danke fuer die Deutschlektion und Info. Ich hatte nicht gewusst was „nachmelken“ ist. Ha, jetzt weiss ich es!
Vielen Dank für den netten Kommentar und viel Vergnügen beim weiteren Stöbern auf unserer Site … Ihr Deutsch ist doch keineswegs eingerostet – im Gegenteil!