Fietsen op zijn Limburgs – Radfahren auf Limburgs Art und Weise
In Limburg fietst man unglaublich speziell
Deshalb lassen wir gern den Limburger Historiker Manuel Stoffers zu Wort kommen, der seit 2009 an der Universität Maastricht die niederländische fietscultuur untersucht. Er bringt eine Denkrichtung ein, die uns ohne einen Beitrag im Dagblad de Limburger völlig entgangen wäre.
Stoffers bezeichnet das Alltagsrad übrigens als huis-tuin-en-keukenfiets, also Haus-Garten-und-Küchenrad.
Dies und weitere Hintergründe fanden wir in Ivar Hoekstras Beitrag: Fietsland of Wielerland (Radfahr- oder Radrenn-Land). (Dagblad de Limburger, 20.09.2012).
Es tröstet zu lesen, dass Dr. Stoffers sich mit der Rolle der Niederlande als Radfahrland zufrieden zeigt, weil das einzigartig ist, während es Radrenn-Länder in größerer Anzahl gibt.
Sein Forschungsgebiet an der Universität Maastricht macht ihn zu einem hochinteressanten Ansprechpartner in weltweiten Themenkomplexen über Radfahrende Kulturen und ihre Geschichte https://www.maastrichtuniversity.nl/m.stoffers
Wirkliche Dramatik bekommt die von ihm beschriebene Radrennbegeisterung auch über die Provinz Limburg hinaus, aber erst, wenn man liest, welche Gräben sich beim Mechanic doping auftun. Ein sensibles Thema – besonders unter wielern.
Man behauptet, bei der Ronde van Vlaanderen (Flandernrundfahrt) von 2012 habe der Sieger nur mit illegaler Manipulation so souverän gewinnen können. Eine verdächtige Bewegung der Hand am Lenker – und schon war der Knopf lokalisiert, mit dem der versteckte Motor zugeschaltet worden sein musste/sollte/könnte…
Seither gibt es anlässlich wichtiger Radrennen immer wieder mal einen Beitrag über die verwerfliche Leichtigkeit des mechanic doping. Dass die Teilnehmer intensiv überprüft werden, tut der Sorge keinen Abbruch.
Uns gefallen ganz unschuldig die Leserbriefe, die sich über solche Gefahren lustig machen.
Dass Enthaltsamkeit eine Voraussetzung für den Gewinn eines Rennens ist, wird übrigens genauso intensiv vertreten, wie die gegenteilige Meinung. Sauerstoffkuren, Wundermassagen … Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.
Unter fietsern hingegen ging das elektrische doping ganz allgemein gegen die Ehre.
DDL berichtete in der Rubrik Wat zaes je? (was sagst Du?) vom 19.12.2011, dass schon im Jahr 2005 der Leser Jos Mestrom aus St. Odiliënberg ein Fahrrad mit einem verborgenen Hilfsmotor vorbeischießen sah. Woraufhin ihm spontan das Wort foetelfiets in den Sinn kam.
(Foeteln heißt auch da, wo man Kölner Dialekt versteht, fudeln = falsch spielen.)
Am Wort foetelfiets habe ich besonderen Spaß. Leider wird es sich wohl nicht auf Dauer halten können, denn wer glaubt, im Land des Hollandrades würde man elektrische Fahrräder verschmähen, der sollte die Verkaufszahlen studieren. Zweistellige Zuwachsraten, immer kostengünstigere und vielfältigere Modelle. Selbst das omafiets ist in der E-Version nur noch optisch altertümlich. Speed-Räder, Autohersteller, die den E-Bike-Markt für sich entdecken… Es ist Vieles in Bewegung und für die Leute im heuvelland oder auf den langen Straßen durch Wald und Weiden erschließt, sich damit eine umweltfreundliche und gesunde Alternative, die nahtlos und mühelos in der niederländischen fietscultuur den ihr zustehenden Platz einnimmt.
In einer vielleicht nicht fernen Zukunft weiß dann niemand mehr, dass es auch mal diese nicht elektrisch angetriebenen Drahtrösser gab. Dann kommt das Wort foetelfiets vielleicht zu neuen Ehren – und zwar für diese betrügerischen Fahrräder, die so tun, als wären sie E-Bikes, obwohl sie nicht mal einen ganz einfachen Motor haben …
Das Land des hemelse modder ist also das Land von begeisterten aber statistisch nicht umfassend gewürdigten Radfahrer, vom foetelfiets und möglicherweise von bionisch-mechanisch-gedopten Tourfahrenr, von denen uns in Susteren völlig unerwartet einer vor die Kameralinse kam.
Auch s e i n e Fahrkilometer sind statistisch wohl nicht verwertbar. In diesem Fall müssen wir das vielleicht mal unwidersprochen hinnehmen …
https://www.menswel.nl/menswel_welzijn/bind_cultuur/sjarabang/306/ (Anm. d. Red. 12.06.19: Unterseite leider nicht mehr online).
Hay Dukers und Huub Heijnen, beide aus Susteren, schufen diesen Radler für die Sjarabang-Aktion 2013. Die Figur steht am Rode Beek in Susteren (Gemeinde Echt-Susteren). Für uns ist sie ein aus Humor, Hintersinn, Kunst, Fleiß, sozialem Engagement, Begeisterung und Liebe fürs Radfahren erstandenes Beispiel für Limburgs Lebensart – auch im Zeichen des fiets.
Weil Sie so geduldig bei uns geblieben sind, haben wir ganz zum Schluss noch eine spannende Nachricht zu Fietsen op zijn Limburgs: Während wir hier schreiben, also im September 2015, findet die Aktion
Nederland App de Fiets
statt. (Hört sich übrigens gesprochen so ähnlich an wie: Nederland op de fiets – Niederlande auf dem Fahrrad)
Mittels einer App stellt man für die Dauer einer Woche per GPS sein Fahrrad-Fahrverhalten für die bis jetzt größte statistische Untersuchung der Niederlande zur Verfügung. Offenbar tun dies mehr als 45.000 Interessierte http://fietstelweek.nl/ (Anm. d. Red. 23.09.20: Seite nur noch via web.archive.org zu erreichen) die sich durch gelbe Papp-Anhängeschilder an den Fahrrädern angesprochen fühlten. Wir vermuten, dass in diesem Projekt riesige Datenmengen entstehen, denn es geht um weitere, genauere, verbesserte statistische Zahlen unter dem Slogan: Fiets week meten, weten, verbetern (Fahrradwoche messen, wissen, verbessern).
Die Werbetrommel wurde sehr einfallsreich gerührt – nämlich an alle erreichbaren Fahrradlenker gehängt.
Werbeaufhänger Projekt Fahrradstatistik
(an Fahrrädern aufgehängt Anfang September 2015)
Der Button führt Sie übrigens zur pdf-Datei mit näheren Angaben zum Projekt App de fiets
Diese gerade entstehenden Zahlen sollte man nicht so augenzwinkernd durchleuchten, wie wir uns das in diesem Beitrag mit den jetzt noch aktuellsten Werten erlaubt haben. Solche Zahlen sind in den Niederlanden tatsächlich fahrradpolitisch von Vorteil und haben die Macht, die fietscultuur weiter zu verbessern.
Ob das Projekt vielleicht ganz schnell aus dem Boden gestampft wurde, weil wir vom Team www.hemelse-modder.de uns gerade so intensiv mit dem Thema beschäftigen …? Jedenfalls werden wir über die Ergebnisse berichten.
Unser Beitrag Fietsen op zijn Nederlands verrät übrigens, wie fietscultuur hinter allen Lobeshymnen im Alltag funktioniert.
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