Gluren bij de buren 2 – Wo kann man denn hier wohnen?
2.7 Rivierkleilandschap – Flussklei-Landschaft
Seien Sie mal ehrlich: wenn Sie sich durch die Niederlande bewegen, wissen Sie dann immer, ob das Wasser vor Ihren Augen zu einem See gehört, einem Entwässerungskanal, einem Moor oder einem Fluss?
„Trockenländler“ sind nicht geübt in solchem instinktiven Verstehen. Aber auch „Trockenländler“ sehen bei einem Blick auf die Karte der Niederlande, was die Niederländer meinen, wenn sie sagen, dass sie in einem Delta wohnen.
In der Broschüre Nationaal Waterplaan 2016 – 2021 des Minsterie voor Infrastructuur en Milieu – Ministerium für Infrastruktur und Umwelt – sind die vier großen Fluss-Systeme mit ihren Einzugsgebieten dargestellt.
Quelle: Ons water in Nederland, Nationaal Waterplaan 2016 – 2021 – Unser Wasser in den Niederlanden, Nationaler Wasserplan 2016 – 2021
Sie sehen von Nordost nach Südwest die Wassereinzugsgebiete von Ems, Rhein, Maas und Schelde. Ems und Schelde selbst berühren niederländisches Territorium nur grenznah, ihre Mündungen, nämlich Dollart und Schelde-Mündung sind allerdings wasserpolitisch äußerst bedeutsam. (Wir vergessen nicht die schreckliche Katastrophe vergessen, 1953 im Gebiet der Schelde-Mündung mehr als 1800 Menschenleben gefordert hat, aber deren Ursache lag in einer Sturmflut, also in der Nordsee.)
Da wir aber gerade im Thema Fluss-Systeme arbeiten, sind Rhein und Maas eigentlich die bestimmenden Faktoren.
Dazu ein paar Zahlen zur Orientierung (Quelle: Rijksoverheid)
In erheblichen Teilen sind diese Wassermengen von den Niederschlagsmengen in ihrem Einzugsgebiet abhängig. Im Gegensatz zu Wasserständen zur Schneeschmelze bedeuten hohe Niederschlagsmengen ein schnelles Ansteigen aber auch ein schnelles Sinken der Pegelstände – zumindest in den Flussbetten und in der kontrollierten Nutzung der Rückhaltebecken. Ganz anders ist das aber bei Deichbrüchen, wo unkontrolliert Wasser die tiefsten Stellen füllt, von wo es nicht, oder nur sehr schlecht, ohne Pumpen abläuft.
Zum bildlicheren Verständnis einer hohen Niederschlagsmenge schauen Sie bitte auf diese Karte des Wetterzentrums NRW:
Was Mitte Juli 2021 an Niederschlägen für die große Überschwemmungs-Katastrophe in dieser Region sorgte (lilafarben bis weiß) …
Quelle: https://www.wetterzentrum-nrw.de/index.php/blog/139-hochwasser-juli-2021-meteorologischer-rueckblick
… floss letztlich über alle Nebenflüsse in den Rhein, in die Maas und durch die Niederlande in die Nordsee.
Die Niederlande liegen nämlich am Unterlauf und der Mündung eines unendlich riesigen Einzugsgebietes.
Wasser, das ins Land hineinfließt, nennt man übrigens Z u f u h r, bis es das Land wieder verlässt und dann A b f u h r heißt.
Quelle: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/53/Flusssystemkarte_Rhein_02.jpg
In dieser Karte sehen Sie das Gebiet, dessen Wasser in Rhein und Maas entwässert. Sie sehen auch die Wasserscheiden, von denen aus Flüsse und Bäche in andere Flusssysteme entwässern.
In einem weiten, flachen Land sind Überschwemmungen meist großflächig, wie dieses Bild zeigt.
Quelle: Rijkswaterstaat Video: https://www.youtube.com/watch?v=W3MIE-hsuac
Herabstürzende Wassermassen in engen Tälern, so, wie im Ahrtal, halten wir deshalb nicht für ein niederländisches Problem.
Wir irren uns:
In Zuid-Limburgs Heuvelland – Süd-Limburgs Hügelland geschah im Prinzip genau das gleiche, wie im Ahrtal.
Aber das Einzugsgebiet der Geul ist glücklicherweise kleiner und lag weniger zentral als die Ahr.
Der am stärksten betroffene größere Ort ist Valkenburg, das im Geultal liegt.
Quelle: Algemeen Dagblad 16.07.2021
https://www.ad.nl/politiek/watersnood-limburg-kabinet-trekt-de-portemonnee-maar-niet-voor-volledige-schade~adb3ba67/
Wir haben schon über Deichringe berichtet. Es gibt Zonen, in denen Deichringe so besonders gesichert sind, dass sie auch extreme Überschwemmungen überstehen würden, wie sie nur einmal in 10.000 Jahren zu erwarten wären (Deichring 13 und 14)
Sie sehen, dass solche Zeiteinheiten für die Flussklei-Landschaften nicht angenommen werden. Vom Eintritt in die Niederlande bis in den großen Knick nach Westen sind für die Maas solche Deichringe nicht eingezeichnet.
Quelle: https://www.researchgate.net/figure/Flood-safety-standards-of-dykes-in-The-NetherlandsThe-current-level-of-protection-ranges_fig2_46383972
Für den Rhein gibt es (in deutscher Sprache) einen lesenswerten Abschlussbericht für die Deutsch-Niederländische Arbeitsgruppe Hochwasser. Sie können ihn als pdf downloaden.
Darin geht es um die Deichringe am Niederrhein, Vom Grenzgebiet zur Maas ist nicht die Rede, obwohl auch dort im Juli 2021 großflächige Überschwemmungen vorkamen, davor im Jahr 1995, davor im Jahr 1993 …
Die Schutzmaßnahmen im Umfeld von Flüssen sind eine Kombination verschiedenster Vorgehensweisen: Im Film Hoogwater in Maasgouw (Juli 2021) https://www.youtube.com/watch?v=mvZOhqINoZM
erhalten Sie dazu sehr intensive Informationen: mobile Deiche … nein, nicht aus Lego!, aber aus diesen Betonklötzen, aus Sandsäcken, Big-Pack-Säcken, Hochwasserwände, Rückhaltebecken, Pumpstationen … ein riesiges, flexibles, gute eingespieltes Sicherheitssystem sorgt für größtmöglichen Schutz. Dieses Bild haben wir aus dem Video kopiert.
Gleichzeitig werden in größeren Raumeinheiten Maßnahmen ergriffen, die die Flussregionen auch für die Zukunft sicherer machen sollen. Rijkswaterstaat – das Ministerium für Wasser und Infrastruktur – hat dazu 9 Maßnahmen anschaulich dargestellt. Der Bagger mit „Legoklötzen“ ;0) ist Ihr Button zu diesen schematischen Darstellungen.
Wir möchten Ihnen in ein paar Darstellungen veranschaulichen, was es mit dem Klei in den Flusslandschaften auf sich hat …
Flüsse graben sich ihr Bett immer in Richtung des Gefälles in der Landschaft. Häufig sind tektonische Brüche im Untergrund richtungsführend.
F l u s s t e r r a s s e n entstehen dadurch, dass natürliche Flüsse nie gleichmäßig große Wassermengen führen. Gehen Sie von der Vorstellung aus, dass zum Ende einer Eiszeit Tauwässer zu Flüssen anwachsen, sich in Urstromtälern sammeln und irgendwie, irgendwo und irgendwann das aus dem Eis mitgeführte Material ablagern. Die Mengen sind so riesig, dass davon alle früheren Spuren von Erdgeschichte begraben werden.
Der Fluss schafft sich dabei die Hauptterrasse. Sie ist gewöhnlich sehr ausgedehnt und liegt höher als die heutigen Flusstäler, denn die Flüsse schneiden sich im Laufe der Jahrtausende in ihre Hauptterrasse wieder ein und füllen ihr neues und schmaleres Bett mit neuen Sedimenten.
Das wiederholt sich in den verschiedenen erdgeschichtlichen Perioden, ist für das Gebiet der Niederlande aber intensiv für die Würm- und die Saale-Eiszeit zu beobachten. Ein Fluss kann deshalb mehr als eine Mittelterrasse haben.
Die Niederterrasse ist diejenige, in die der Fluss sich am tiefsten in die ehemalige Hauptterrasse eingegraben hat.
Hier eine Erklärung des Prinzips:
Quelle: https://www.aufmerksam-wandern.de/themen/thema_045.html
In dieser Karte sehen Sie, wie sich Rhein, Rur und Maas in die Hauptterrasse ihres ehemaligen gemeinsamen Urstromtals eingegraben haben.
Sollten Sie die Flussläufe verwirrend finden, können wir das erklären: Je geringer das Gefälle ist, desto gemächlicher sucht sich ein Fluss seinen Weg in Richtung des tiefsten Punktes in der Landschaft. Die typischen Windungen nennt man Mäander. Sie sind ein Beleg dafür, dass wir langsam fließende Flüsse in einer flachen Landschaft vor uns haben.
Die Karte zeigt grob den Raum zwischen Bonn und Kleve, leider konnten wir bisher keine grenzüberschreitende Karte zum Thema finden. Die Karte ist gleichzeitig Ihr Button, der Ihnen zum Vergleich einen mäandrierenden Fluss in einer völlig anderen Größenordnung zeigt: den Mississippi.
Beim Betrachten der Mississippi-Mäander können Sie gern überlegen, was das Wohnen in einem Flusstal mit so unberechenbaren Fließverhalten für die Menschen bedeutet: Kommt der Fluss mal bei Ihnen vorbei? Durchs Wohnzimmer vielleicht? Oder nimmt er mal hier und da ein Stückchen Land weg? Schmeißt dafür an anderer Stelle jede Menge Material hin? Schneidet er mal eine Stadt vom Flusslauf ab (Xanten)? Oder läuft er jetzt mal großflächig mittendurch (Bad Neuenahr)?
Bei weniger mächtigen Strömen begradigen Wasserbauingenieure gern den Flusslauf. Am Rhein beispielsweise wurde auf diese Weise eingegriffen. Eine Begradigung in Verbindung mit Staustufen erhöht die Fließgeschwindigkeit eines Flusses, womit das Hochwasserproblem auf die Bewohner am Unterlauf verlagert wird. Gute Lösung?
Aktuelle Politik ist die Renaturierung von Flussläufen, um dem Fluss Raum zu geben, bei Überschwemmungen die Auen zu nutzen und um gleichzeitig diverse Fauna und Flora zurückzuholen.
Für Menschen, die in Zeiten begradigter Flüsse nahe am sicher geglaubten Ufer gebaut haben, ist Renaturierung eine große Gefahr, denn dann kommt er vielleicht wieder vorbei, der Fluss, den man eingesperrt glaubte.
Die Webseite www.oberstroomik.nl hilft Ihnen bei der Einschätzung Ihres Risikos. Die Gemeente Roerdalen in der Provinz Limburg liegt parallel zur innereuropäisch unsichtbaren niederländisch-deutschen Grenze und – wie ihr Name sagt – im Tal der Rur.
Wir haben mit dem Namen dieser Gemeinde mal den Test gemacht und sind keineswegs getröstet mit der Auskunft, dass man dort ja nur maximal einen Hochwasserstand von 2 m fürchten muss …
Ein kurzer Blick auf die Verbreitung der rivierkleilandschap in den Niederlanden sei uns gegönnt …
Quelle: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/53/Flusssystemkarte_Rhein_02.jpg
… und dazu die Information, dass Ablagerungen der Flüsse sehr unterschiedliche Qualität haben können: Ein Chemiewerk, dass flussaufwärts ungeklärte Abwässer einleitet vergiftet auch die Sedimente des Flusses. Die Sedimente des Nil hingegen sind seit Jahrtausenden so fruchtbar, dass Ägyptens historische und aktuelle Existenz ohne den Fluss nicht denkbar wären.
Maas und Rhein durchfließen sehr viele – geologisch sehr unterschiedliche – Landschaften und tragen deren spezifische Sedimentfracht mit sich. Wo man im Winterbett tatsächlich Ackerbau betreibt, kann das bei passendem Untergrund sehr ertragreich. Die Bauern kennen die Bodengüte ihres Landes. Bei Roermond ist es eine Mischung aus Wiesen- und Weidewirtschaft.
Deichvorland bei Roermond
In unseren Breiten haben Flüsse ein Sommerbett, das den normalen Niederschlagsmengen angepasst ist und ein Winterbett, dass auch große Mengen Schmelzwasser aufnehmen kann.
Hier das Schema dazu und ein bisschen Wortschatz:
Rivier | der Fluss |
Zomerdijk | der Sommerdeich – grenzt das Sommerbett des Flusses ein |
Winterdijk | der Winterdeich – grenzt die maximal zu erwartende Wassermenge im Winter (incl. Schneeschmelzen) ein |
uiterwaard | das Deichvorland liegt zwischen Siedlung und Deich, oft auch von einem älteren Deich zu den Siedlungen hin abgegrenzt |
Das Projekt Ruimte voor de Rivieren – Platz für die Flüsse – sorgt dafür, dass Maßnahmen gegen Überschwemmungen die Siedlungen sicher machen.
https://www.rijkswaterstaat.nl/water/waterbeheer/bescherming-tegen-het-water/maatregelen-om-overstromingen-te-voorkomen/ruimte-voor-de-rivieren
In anschaulichen Bildern wird uns auf dieser Webseite das Problem vor Augen geführt und die bautechnischen Lösungen haben Sie sich über dem Button mit Bagger und „Legosteinen“ bereits angesehen.
Hier noch eine Übersicht über die Flussabschnitte, für die bereits Maßnahmen ergriffen wurden.
https://nos.nl/artikel/2211340-nederland-blijft-gewoon-droog-hebben-we-mooi-voor-elkaar
Ein irritierenderweise genau gegenteiliges Problem haben wir schon gleich zu Anfang der Beitragsserie über das „Wo“ angesprochen, der Button mit dem Fischreiher auf einem Pfahl führte Sie zu den Problemen von Pfahlbauten.
Wir müssen lernen, dass Klimaveränderungen das Wetter extremer machen, nicht einfach nasser. Regenmassen sind für das Wohnen in den Niederlanden ähnlich problematisch wie zu trockene Jahreszeiten. Ein Land, das fast nur aus Wasser besteht, zeigt Risse und Schrumpfungen, wenn es an Wasser fehlt.
Sie wissen das selbst: versuchen Sie, ausgetrockneten Torf zu befeuchten: er dauert ewig, ehe daraus wieder das wassershaltige Material wird, als dass man es abgebaut hat.
Ackerböden werden rissig, Grundwasserhorizonte können austrocknen und einstürzen.
Deshalb gehört es zu den neuen Aufgaben der Wasserbauer in den Niederlanden, genügende Wassermengen für Trockenzeiten zu bevorraten…
Ein Beitrag aus dem Archiv NiederlandeNet der Uni Münster erklärt Ihnen, worum es geht. Die Trockenrisse sind Ihr Button zu dem Beitrag. (Anm. d. Red. 24.01.24: Seite nur noch via webcache.googleusercontent.com zu erreichen.)
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