Fietsen – von der Wiege bis zur Bahre

Wir fanden zunächst 4 bekennende Gruppen von Niederländern:

16% radeln nicht und/oder haben zum Fahrradfahren keine positive Beziehung.

Die verbleibenden 84% teilen sich in drei weitere Gruppen, die sich in der Welt des www (Wo Wunder wuchern) selbst etwa so beschreiben:

Fietsen zit in onze genen (Fahrräder/Fahrradfahren sitzt in unseren Genen)
Fietsen zit Hollanders in het DNA (Fahrradfahren sitzt in der DNA der Holländer)

Nederlanders worden bij wijze van spreken met fiets en al geboren (Niederländer werden sprichwörtlich schon mit dem Fahrrad geboren)
Nederlanders worden toch met een fiets onder hun billen geboren (Niederländer werden allerdings mit einem Fahrrad unterm Hintern geboren)
Nederlanders worden nu eenmaal zo ongeveer met een fiets tussen de benen geboren (Niederländer werden nun einmal so ungefähr mit einem Fahrrad zwischen den Beinen geboren)

Wij zijn praktisch geboren op de fiets (Wir sind praktisch auf dem Fahrrad geboren)

Beim Team www.hemelse-modder.de fehlt es leider an kompetenten Humangenetikern und Geburtshelfern und es ist selbst unserem Support-Team nicht gelungen, diese Aussagen mit Bild- oder Zahlenmaterial zu belegen … ;0))  

 

Beweisen können wir aber, dass Niederländer und fietsen unzertrennlich sind – und zwar
… von der Wiege

Baby in einem bakfiets (Transportfahrrad)

… bis zur Bahre

Werbefahrzeug einer Beerdigungsversicherung in Amsterdam

Transportfietsen für weitere Lebenslagen gibt es in unserem abschließenden Beitrag zum Thema fiets: Fietsen op zijn creatiefst

 

Wir gehen davon aus, dass schon in frühester Kindheit er-radelte Fahrradkilometer (wenn auch nur als Passagier radelnder Eltern) den Gleichgewichtssinn intensiv schulen.

Niederländische Radfahrer sind in aller Welt bekannt für

alltägliche mobile Geschicklichkeit

lässig geradelte Routine und

bewundernswerte zweirädrige Zwanglosigkeit.

Und nichts davon ist wirklich nur eine Frage der Schnelligkeit, sondern tatsächlich erst einmal der Langsamkeit. Man muss die Kunst erlernen, den Drehimpulserhalt zu überlisten. Und das braucht jahrelange feinmotorische Übung, körperliche Geschicklichkeit – und eben, wie schon gesagt, einen sehr feinen Gleichgewichtssinn. (Sorry, Radrennfahrer, ihr seid jetzt mal nicht dran!)

Schon die Kleinsten werden ab dem 3. Lebensjahr als Radfahrer geschult und radeln im Schutz ihrer Eltern und aller anderen Verkehrsteilnehmer. Sind dabei durchaus stilsicher.

Schüler in den Niederlanden werden nicht staatlich organisiert mit Schulbussen umher gefahren. Sie Sie lassen also weder Schullust noch -frust an Sachen oder Menschen aus. Sie üben sich in Radfahrgeschick. Und das kilometerweit und bei jedem Wetter – es sei denn sie kriegen ihre Eltern rum, sie mit dem Auto zu bringen. Das wiederum erfüllt die Politiker mit großer Sorge.

Auffällig ist die genüssliche Langsamkeit ihrer Fortbewegung. Schlendern per Fahrrad würde ich es nennen.
Die fortgeschrittenen Jugendlichen kommunizieren radschlendernd mit ihrem Smartphone, halten verliebt radelnd Händchen und haben Schultaschen lässig umgehängt, damit auf den Gepäckträger ein Fahrgast Platz hat.
Mitfahrer sitzen aber auch mal auf der Querstange des Herrenfiets, auf dem Lenker oder dem vorderen Gepäckträger, der zum typischen bakfiets (Transportrad) gehört.
Die Kombinationen wirken waghalsig und laufen scheinbar und/oder tatsächlich in Zeitlupe ab. Trotzdem verliert niemand das Gleichgewicht, berühren sich Pedale ohne negative Folgen.

 

Diese auf Schulwegen und nach Schulschluss geübte Geschicklichkeit perfektioniert sich mit den Jahren, so dass alle Altersgruppen widrigste Hindernisse, schmalste Durchgänge, extremste Winkel durchfahren und selbst unbeholfenste deutsche Freizeitradler umgehen, ohne dass ein Unheil geschieht. Und natürlich meist nicht radschlendernd, sondern in normalem bis waghalsigsten Tempo.

Ich sehe junge Mütter über und durch die unterschiedlichsten Hindernisse radeln, dabei ein Kind auf dem Lenkersitz, eines auf dem hinteren Gepäckträger, die Radtaschen mit Einkäufen prall gefüllt und den faltbaren Kinderwagen in einem Halter neben den Radtaschen verstaut.

… und schon vorbei …

Googeln Sie doch mal Bilder zu Emily bakfiets beauty cycling

Wir sehen aber auch in festliche Anzüge gekleidete Männer und chic-gekleidete junge Frauen mit High-heels in die Innenstadt fietsen – und das alles ohne jede Gefahr für ihr Outfit. Senioren machen mir mit dieser erfahrenen Lässigkeit Eindruck, lassen sich aber von E-bikes immer häufiger zu gefährlicher Schnelligkeit hinreißen. (Ministerie van Infrastructuur en Milieu: Mobiliteitsbeeld 2014, S. 16).

Jetzt schenken wir Ihnen noch einen Blick ins echte bewegte Leben, in diesem Fall wieder in Utrecht.
https://www.youtube.com/watch?v=n-AbPav5E5M, aber Sie können sich gern in jeder niederländischen Stadt in der Rush-Hour selbst überzeugen.